Julia Winter,  8b,  gewann mit folgendem Text den 2.  Platz des zum 19. Mal vom Ingeborg-Bachmann-Gymnasium international ausgeschriebenen „Junior Bachmann Literaturwettbewerbs“ in der obersten Kategorie der 6. bis 8. Klassen. Wir gratulieren sehr herzlich zu dieser Leistung!

Schlusslesung des  Junior Bachmann Literaturwettbewerbes 2011  

Nur ein Spiel

Ich werde niemals Helena heißen. Er war alleine. Auf dem Weg dorthin war er niemandem begegnet. Er dachte nach. Niemals kann die Lichtgeschwindigkeit von Materie erreicht werden. Auch von ihm nicht. Er blieb abrupt stehen.
Ich werde niemals in einem Kindersitz angeschnallt werden. Sie war gemeinsam mit ihrem Pudel unterwegs. Der Pudel ist eine der intelligentesten Hunderassen. Sie wischte die Locken aus dem Gesicht. Sie mochte den Pudel nicht, mit seinen langen Locken und einer Masche in diesen und einem kariertem Hundekleidchen in dazupassender Farbe und einem Halsband, das klirrte, wenn er an ihm zog. Sie war auf der Suche nach einem Autobahnraststationsparkplatz dorthin gelangt. Sie dachte nach. Der absolute Nullpunkt kann nicht erreicht werden. Sie blieb abrupt stehen
Ich werde niemals nach der kurzen Fahrt die Türe ob der Kindersicherung nicht öffnen können. Er griff in seine Manteltasche. Er öffnete die Knöpfe seines Mantels. Er griff in seine Westentasche. Er wollte in seinen Hosentaschen suchen. Er trug keine Hose. Die eindeutige Diagnose der Hundeallergie ist mittels Prick-Test möglich.
Ich werde niemals die große, bunt bemalte Türe aufstoßen. Sie meint, man brauche doch kein Taschentuch um des Pudels Tränen zu trocknen. Tiere können nicht weinen. Amöben haben nicht einmal ein Nervensystem. Sie fühlen sich gewiss ausgegrenzt von den Reizen der Welt. Und die Reize der Welt sich von ihnen.
Ich werde niemals zum Kleiderhaken mit dem Wolkenschild gehen. Er entschuldigt sich dennoch. Er habe nicht an Tränen gedacht, als er sich aufmachte, um auf der Autobahn spazieren zu gehen. Das tat er normalerweise nie. Der pH-Wert von Tränen ist sieben Komma vier.
Ich werde mir niemals schwer tun, mir die Stiefel auszuziehen. Sie habe am siebten vierten Namenstag. Doch den hat sie schon oft vergessen. Schließlich wisse sie nicht einmal, welcher Tag heute sei. Am siebten vierten siebzehnhundertsechsundsechzig wurde der Wiener Prater für die Allgemeinheit geöffnet.
Ich werde niemals von freundlichen Stimmen begrüßt werden. Er findet, es wäre sehr wichtig, jeden Zeitpunkt in der eigenen Geschichte genau einordnen zu können. Dafür sei die Zeitmessung unabdingbar. Seit neunzehnhundertsiebenundsechzig ist eine Sekunde das Neunmilliarden­einhundert­zweiundneunzig­­millionen­­­sechs­hundert­einunddreißigtausendsieben­­hun­dert­siebzigfache der Periodendauer der dem Übergang zwischen den beiden Hyperfeinstrukturniveaus des Grundzustandes von Atomen des Cäsium hundertdreiunddreißig Kerns entsprechenden Strahlung.
Ich werde niemals aus Versehen einen Baustein-Turm umwerfen. Sie trennten sich. Sie hatten sich auseinandergelebt. Die Differenzen waren unüberwindbar geworden.

Julia Winter, 8b
   
© BG-Rein, Pei